Hütet euch vor dem 8. Bit!

Es war einmal in Amerika, …

… dem Land wo die Computer perfektioniert wurden. Wie bei jeder Erfindung vor der Globalisierung waren auch Computer vorerst eine lokale Angelegenheit. Um die menschliche Kommunikation mit den Maschinen zu ermöglichen wurde kurzerhand die Tastatur der englischen Schreibmaschine verwendet. Der ASCII-Zeichensatz 1963 umfasste 128 Zeichen 95 druckbare: ␣!“#$%&'()*+,- ./0123456789:;<=>@ABCDEFGHIJKLM NOPQRSTUV WXYZ [\]^_`abcdefghijklmnopqrstuvwxyz{|}~ und 33 nicht druckbare, wie Wagenrücklauf, Tabulator, … mit diesen 7 Bits sind jedoch nicht-englische Sonderzeichen wie zB. ÄÖÜäöüß nicht vollständig darstellbar.

… und anderswo?

Die deutschsprachigen Programmierer konnten mit „AE“ und „oe“ gut leben. Aber irgendwann wollten natürlich Müller und Köhler, dass ihre Namen auch im Computer richtig gespeichert und ausgedruckt werden. Also verwendeten die deutschen Hersteller das 8.Bit für ihre Sonderzeichen und andere Länder taten dasselbe. Aber leider dieselben Codes für unterschiedliche Zeichen. Und damit wurde das Fundament für den Turm zu Babel der EDV gelegt.

Aber das ist doch Vergangenheit!?

Ruft mir erbost der Leser zu und wirft den Artikel zur Seite! HALT BITTE WEITERLESEN – stimmt, aber leider nur beinahe. Im Jahr 2004 stellte meine Firma die gesamte ERP-Lösung eines Nahrungsmittelherstellers von AS400 auf Windows-Server basierende Lösung mit Unicode-Zeichensatz um. Der Kunde nutze die Umstellung gleich dazu, alle Kunden- und Lieferantenname und Adressen von „ae“ auf „ä“ usw. umzustellen und freute sich darauf, daß auch seine Belege damit modernisiert werden. Bis wir die ersten Tests mit der eBankingsoftware einer damals noch österreichischen Großbank machten: Die Datenübertragung brach aus unerfindlichen Gründen unregelmäßig ab oder die Datensätze waren seltsam verschoben. Nach dem ersten Schreck fand wir doch rasch die Ursache und amüsierten uns über die veraltete Bankensoftware. Für den Kunden wurde in der Bankenschnittstelle eine automatische Umschlüsselung eingebaut.

2010/2011 Bereinigung der private Infrastruktur

Sie haben sicher auch schon jede Menge Fotos deren Verlust ein schmerzlicher wäre? Das Heranwachsen der Kinder digital zu dokumentieren bedarf auch einer entsprechenden Sicherungstrategie. Deshalb plante ich, während mein Max „ich kann das alleine!!!“ die vom Christkind gebrachten Legobausätze zusammenbaut, meine private IT-Infrastruktur neu zu ordnen. Nicht dass ich die Fotos unsicher abgelegt hätte, denn schon seit einiger Zeit habe ich eine RAID-5 Network-Attatched-Storage (NAS) im Einsatz. Und kopiere deren Dateien auf externe USB-Platten, die ich weit weg von der NAS aufbewahre. Aber hin und wieder ist eine Umstrukturierung sinnvoll.

Never – NEVER EVER touch a running System!

Dabei stolperte ich über eine Einstellung auf der NAS: „Client-Characterset“ – die mir nicht ganz richtig erschien. Also hurtig von CP850 (glaub‘ ich halt) auf ISO8859-15 (Westeuropa mit Euro) geändert. Erschien mir richtiger und ist ja nur ein Clientsetting … dachte ich … und arbeitet weiter. Stunden später startete ich wieder den Synchronisationslauf der Fotos von der NAS auf PC und USB-Disk – da stellte mir die Syncsoftware überraschend die Frage ob ich mehr als 650 Fotos – viele davon aus den Jahren 2001, 2, 3, 4 löschen möchte?! Ich vermutete einen Fehler in der Netzwerkverbindung und verglich die Stände – die Fotos waren auf der NAS nicht vorhanden? Ganze Verzeichnisse inkl. Dateien sind weg! – PANIK!!!

Die Nervosität steigt

Ich vermute alle möglichen Ursachen, komme aber auf keine Lösung. Entscheide deshalb einfach die verschwundenen Datei wiederherzustellen. Dabei fällt mir ein Muster auf: Weg sind die Fotos von „Schönbrunn“, „Straßhof“ und „Zürich“ – der anfängliche Verdacht wuchs zur grausamen Gewissheit: Das Betriebssystem der NAS hat alle Dateien UND Verzeichnisse verschwinden lassen, die ÄÖÜäöüß im Dateinamen trugen! Lange suche in den Foren des Herstellers. Die Erkenntnis, dass ich die zweifelhafte Ehre hatte der erste und einzige zu sein der diesen Fehler entdeckt hat erfüllte mich nicht mit Stolz.

Loesungsansaetze? Feigheit obsiegt!

Den Tipp eines Technikers „alles sichern, dann Zeichensatz zurückstellen, vielleicht sind die Files gar nicht gelöscht sondern nur nicht mehr sichtbar“ habe ich mich nicht mehr getraut umzusetzen. Alle wiederhergestellten Dateien haben nur mehr ASCII-7Bit Dateinamen. Und das werde ich ab jetzt auf allen meinen Rechnern so halten! Ich bin einfach FEIG! Und Empfehle es auch Ihnen! Bei Interesse an den, bei der nächtefüllenden Aktion verwendeten Tools bitte via Mail bei mir melden.

Mit Unicode Gruessen

Michäl Schober
PS: Mein Vorname ist der Beweiss, warum automatisch umschluesseln nicht geht

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