ERP Anbieterworkshops
Prozesse im Vordergrund
Im Lastenheft steht das Abfragen der Funktionen im Vordergrund. Warum? Weil in schriftlicher Form, Fragen nach Funktionen für Anwender und Anbieter leichter verständlich sind. In den Workshops mit den Anbietern geht es nun darum, wie diese Funktionen als durchgängige Prozesse in Ihrem Unternehmen ablaufen können. Dabei können und müssen im Dialog Verständnisfragen gestellt und beantwortet werden. Nehmen sie einen ihrer Geschäftsfälle, dokumentieren sie, worauf es für ihr Unternehmen ankommt und welche Art von Präsentation sie erwarten. In unseren Projekten nennen wir das deshalb auch nicht „Workshop Agenda“ sondern: „Drehbuch“!
Einen Oscar …
… werden sie dafür wohl nicht bekommen, aber das sollte sie nicht davon abhalten, eines zu schreiben! Denn nur so können sie sicherstellen, dass alle „Schauspieler“ (=Anbieter) die zum Vorsprechen kommen, für sie und ihre KollegInnen gut vergleichbar, dasselbe Stück aufführen. Es hat wenig Sinn, wenn einer „Pension Schöller“ und der andere „Hamlet“ in englischer Originalsprache darbringt. Doch genau das machen die Anbieter, wenn sie keine konkreten Vorgaben machen! Jeder fokussiert auf seine Stärken, was nicht verwerflich, sondern nachvollziehbar ist. Mit der Vorgabe helfen sie auch den Anbietern das Richtige zu tun. Haben sie am Anfang des Auswahlprojektes Ihre Hauptprozesse dokumentiert? SEHR GUT! Dann greifen sie auf diese zurück: Dort steht der Plot Ihres Stückes!
Ghostwriter?
Selbstverständlich ist es sinnvoll, sich Unterstützung beim Erstellen des zu Drehbuches holen. Allerdings sollten die Inhalte und Prozesse von ihrem Keyuserteam zusammengestellt werden! Da Anwender tendenziell zu viel in den Workshop packen, hilft ein externer Berater dabei, dass es nicht zu umfangreich wird. Es ist ja erst ein „Vorsprechen“ und noch nicht das ganze Stück! Nicht alles wird im Detail vorgeführt werden können. Definieren sie was sie im vorgegebenen Zeitrahmen konkret im System sehen wollen und was besprochen ausreicht.
Master of Ceremonies?
Möchten sie einen Berater bei der Präsentation als MC? Auch da gibt es unterschiedliche Ansätze. Einer meiner Kunden wollte mich nicht dabei haben, um seine KollegInnen nicht aus der Verantwortung zu entlassen. „Ich kenn‘ meine Pappenheimer! Die geben die Noten nach deinem Gesichtsausdruck!“ war seine nachvollziehbare Begründung. In der Mehrheit wird aber die Moderation des Workshops durch einen unparteiischen gewünscht und auch geschätzt. Damit werden die unangenehmen aber notwendigen Aufgaben möglichst neutral wahrgenommen und das interne Team kann sich auf die Inhalte konzentrieren. Die Aufgaben sind: Diskussionen, die aus dem Ruder laufen wieder „einzufangen“; sicherzustellen, dass Alles behandelt wird und den Zeitplan einzuhalten. Letzteres aber mit Augenmaß! Ein Berater, der dem Anbieter ins Wort fällt „So, die Zeit ist um – nächstes Thema!“, macht sich auch beim Anwender keine Freunde und dem Projekt sicher einen Bärendienst!
Und schon wieder wird benotet!
Wie in der Schule ist das mit den Noten so eine Sache! Dabei wäre die Theorie ganz einfach, wenn ihre Anforderungen als Messlatte gelegt werden. Doch seit der eigenen Schulzeit sind wir darauf getrimmt vergleichend zu benoten – wie auch die Mehrzahl unserer Lehrkräfte, aber das ist eine andere Geschichte. Was nützt es wenn die Anbieter relativ zu einander benotet sind, aber die KEINER die Anforderungen erfüllt? RICHTIG! Genau nichts! Was benotet wird, muss VOR den Präsentationen festgelegt sein und jede Präsentation unmittelbar danach gegen die Anforderungen benotet werden. Und teilen sie die Methode der Benotung den Anbietern mit! Wenn alle „sehr gut“ abschneiden, dann erst dürfen und können sie sich dem Luxusproblem zuwenden, eine Reihung zu finden. Das Zünglein an der Waage wird eventuell …
… die Prüfung der weichen Fakten!
Bei aller Wichtigkeit, ob das angebotene System ihre Prozesse abbilden kann und alle Funktionen vorhanden sind, kein ERP Projekt wird 1:1 so Live gehen, wie im Lastenheft beschrieben: Sie lernen dazu, was das System kann, es ändert sich das Umfeld, die Anforderungen werden neu gewichtet, Mitarbeiter wechseln, … Sie brauchen neben der Funktionalität einen Implementierungspartner mit dem sie über viele Jahre gut zusammenarbeiten können. Deshalb sind auch die weichen Faktoren wie Vertrauenswürdigkeit und gegenseitiges Verständnis, in die Bewertung mit einzubeziehen. Wie sie die Bewertung dieser Kriterien vornehmen, sollten sie den Anbietern NICHT VOR dem Workshop kommunizieren! Scheidet er aus frägt dann „Warum?“, können und sollten sie ihm ehrliches Feedback geben, damit er für den nächsten Workshop dazulernen kann.
Man trifft sich immer zweimal im Leben!
Michael Schober – Der ERP-Tuner
PS: Sie haben sich für einen Anbieter entschieden, auf geht’s in der nächsten Ausgabe zu Vertrag und Pflichtenheft!
Schön zu lesen, unterhaltsam, gut verständlich, toller Blogpost.
Wollte ich nur gesagt haben.
Auf der Suche nach Expertinnen, die sowohl fachlich als auch rhetorisch in der digitalen Wahrnehmung überzeugen, sind Sie ein gutes Beispiel: Digitale Kommunikation sehr gut.
Beste Grüße
Helmut Karas