ERP – Implementierung, CR und Abnahme!
Das beste ERP System?
Eine Frage, die ich regelmäßig gestellt bekomme und für heute die einfache Antwort lautet: Das alte System, über das seit Jahren geflucht wurde, das jetzt ersetzt werden soll, ist ab dem Moment das Beste, sobald am Vertrag für das Neue …
… die Tinte trocken ist!
Fertig gelacht😊? Dauerndes Vergleichen bringt nur Frustration oder wie sagte Karl Valentin: „Früher war sogar die Zukunft besser!“. Deshalb Ärmel hoch und an die Arbeit! Sehr sinnvoll ist, noch vor dem Pflichtenheft die Mitarbeiter in der Handhabung des neuen Systems zu schulen. Das Wissen darüber wie das neue System tickt hilft schon beim Pflichtenheft ganz massiv. Investieren Sie alle Energie ab Tag 1 in das Neue!
Schneiden Sie alte Zöpfe ab!
Im Jahr 2003 – Einführung eines flexiblen neuen Systems auf Windowsbasis. Die Logistikleiterin (Ende 50) wollte eine Funktion „genauso wie auf der AS/400 und wie auch schon in der Vorfirma 1980“ haben.“ O-Ton des Vorstandes (auch B78 wie ich 😊) „Es ist mir egal, was es kostet! Ich will nicht mehr diskutieren! Programmiert es bitte! In 2 Jahren ist sie in Pension und das Programm gelöscht“. Ein etwas untypischer Change Request – aber dokumentiert – ohne dem Stoßseufzer 😊!
„Helfen“ Sie dem Anbieter!
Bei der Erstellung des Pflichtenheftes immer wieder diese Fragen stellen: „Wie oft braucht man das? Welchen Wertbeitrag hat es? Was wird dadurch besser? Wann rechnet sich die Funktion? Brauchen wir das beim GoLive?“ Das vorherige Beispiel ist aus diesen Fragen, die meine Mitarbeiter gestellt haben entstanden. Aber es gibt auch „kurzsichtige“ Anbieter, die jeden Kundenwunsch erfüllen: Hauptsache Umsatz! Deshalb achten Sie auch selbst darauf, dass im Pflichtenheft jede Anforderung nochmals auf Sinnhaftigkeit hinterfragt wird. Die vorherige Schulung im neuen System lässt einiges aus dem Lastenheft „verschwinden“ und verkleinert das Projekt – natürlich auch mit Change Request!
„Zahlen“ für einen Änderungswunsch?
In jedem ERP-Projekt soll es ein Budget für Änderungen geben, aber jede Spielvariante der internen „Bezahlung“ hat Vor- und Nachteile. Ein großer Topf für alle? Budget je Abteilung? Es gibt kein Patentrezept, aber ein Tipp aus der Praxis: Ich warne vor einer persönlichen Incentivierung auf eingespartes ERP-Budget! Mehrmals im Jahre treffe ich auf zu Tode gesparte, auf das notwendigste beschränkte ERP-Systeme, die nicht schlecht sind, sondern einfach nicht ordentlich genutzt werden, weil „jemand“ in Auswertungen/Masken/… nicht investieren wollte. Aber die Aufgabe im Unternehmen ist zu erfüllen! – Wie wird es also gemacht? Eine Office2010 EXCEL-Tabelle auf dem C-Laufwerk! – Die „Besseren“ haben es am Server „shared-by-voice“: „Is‘ grad wer drin‘?!“ – und „fortschrittliche“ verwenden GoogleTabellen in der Gratisversion – DSGVO schau‘ runter! Was da täglich an Arbeitszeit und Information still und heimlich den Bach runter geht ist unbezahlbar. Darum: Bitte das ERP nicht totsparen^, sondern die Nutzungsintensität erhöhen!
Projektcontrolling und …
Ein ERP Projekt ist kein Sprint sondern ein „Ironman“ für das Projektteam und das ganze Unternehmen. Aktive Projektleitung ist der Erfolgsfaktor und darf deshalb auch kein Nebenjob sein. „Neben“ ERP Verständnis, Kenntnis der Hauptprozesse des Unternehmens, Empathie bis hin zu Psychologie, Delegierungsfähigkeit, Kommunikationsstärke, Motivationscoach, laufende Nachverfolgung interner und externer offener Punkte, Controlling von Aufwänden, Terminen und Kosten sind auch regelmäßige Projektberichte zu liefern. Hilfreich ist auch selbst einmal programmiert zu haben, um sich nicht ein X für ein U vormachen zu lassen und beim Anbieter fachlich fundiert hinterfragen zu können.
… Projektmarketing
Neben dem
Keyuserteam ist es auch wichtig, dass jene, die noch nicht aktiv
beteilig sind laufend informiert werden. Große Projekte haben dafür einen
Bereich im Intranet, manche sogar eine regelmäßige „Projektzeitung“. Und
natürlich auch eine Aufgabe des Projektleiters diesen Task nicht zu
vernachlässigen. Optimal, wenn die Keyuser in ihren Abteilungen andere zu ein
wenig Mitarbeit einbinden können. Ziel: „UNSER System!“
Deshalb sind ERP ProjektleiterInnen …
… ein rares Gut! Einerseits dauert es, bis man die entsprechende Erfahrung hat und andererseits sind nach dem erbrachten Meisterstück die Abgänge von erfolgreichen Menschen „nach oben“ auch nicht selten.
9 Monate oder mehr …
… bis sie nach den
letzten anstrengenden Wochen den Schalter umlegen um mit dem neuen System live
zu gehen. Bis dahin haben sie hoffentlich nur Teilfunktionen für den
Echtbetrieb freigegeben und die formale Abnahme (siehe Vertrag) erfolgt 3
Monate nach Aufnahme des Echtbetriebes. Und bitte keinen Parallelbetrieb – alle
Energie in das Neue! Und wie das läuft davon mehr in der nächsten und letzten
Ausgabe dieser Staffel.
Ihr Michael Schober
PS zum Beitragsfoto: Das habe ich am 1. Juni 1980 in Saudi Arabien geschossen kurz nachdem der Traktor mit einer vollen Palette über diesem Gitter nach vorne gekippt ist :-).
Haben wohl von unserem Projekt gesprochen :-).
Lieber Herr Hirsnik, ich glaube Sie beruhigen zu können: Dieses WIR Gefühl trifft wohl auf die Mehrheit der Projekte zu. Darum sind es ja Projekte!