Eine Straßen-Wahlkampf-Geschichte

True Story 100% !

Kurz vor Wahlen wird das Obkirchergassenfest bzw. der Obkirchhergassen-Flohmarkt im 19. Bezirk gerne von allen politischen Parteien dazu genutzt dort Präsenz zu zeigen. Das Beitragsbild war am 10.10.2025 vor der Wien-Wahl. Bei welcher Wahl bzw. Flohmarkt sich die folgende Geschichte zutrug weiss ich leider nicht mehr:
Zwischen den bunten Flohmarktständen ragten gelb-schwarze (damals noch nicht türkise), rote, blaue und natürlich auch grüne Fahnen in die Luft.
Ich schlenderte mit grünem T-Shirt, Flyern und grün verpacktem Traubenzucker ausgestattet gemeinsam mit dem Bezirkssprecher die Stände entlang. Er verteilte an die uns entgegenkommenden Menschen Zettel und grün verpackten Traubenzucker unter der andauernden Wiederholung und des Satzes „Was Süsses von den Grünen!“. Ich als Neuling im Strassenwahl tat es ihm gleich – aber nur sehr Kurz!
Dann wurde ich schon aufmüpfig:

„Wo ist unsere Unterscheidung zu den anderen wahlwerbenden Ständen?“ Wohl nur die Verpackung des Traubenzuckers – derselbe Zucker in rot, blau, gelb oder grün! Das kann es ja nicht sein! – Und die Flyer verweilen nicht einmal zwei Meter in den Händen der Angesprochenen bevor sie entweder gleich achtlos zu Boden fallen oder im Mistkübel landen.

Heinz sah mich fragend an: „Na was sollen wir denn sonst machen?“ Worauf ich spontan etwas ausprobierte …

Es kam eine Familie auf mich zu die von den Kollegen aufgrund der Erscheinung unter „Brauchst gar nicht hingehen – wählen sicher nicht Grün! – Zeitverschwendung“ eingeordnet wurden.
Kurzbeschreibung: Mutter, Vater, zwei Söhne so um die 10 Jahre sowie ein passender Hund – in der Erinnerung vielleicht sogar zwei – vor dem man sich fürchtet. Kleidung Leder mit Nägeln beschlagen. Vater mit dunkler Sonnenbrille – Augen nicht sichtbar.

Ich gehe auf sie zu – den Hund im Augenwinkel haltend. Der Mann nimmt mich in meinem Wahlwerbeoutfit wahr und ordnet mich präzise in die richtige Schublade: „De Greanan! Geh bitte net! De hob I scho g’fressn!“. So jetzt heißt es konsequent bleiben und anwenden, was ich in meinen diversen Verkaufsschulungen der letzten Jahrzehnte gelernt habe! – NICHT dagegenhalten -> FRAGEN!

Mit einem freundlichen Lächeln: „Na geh wieso? – Wos hob I da denn g’mocht?“ – „Na Du nix! Oba …“ und schon schüttet er sein Herz aus, dass sie aus dem 10. Bezirk kämen und regelmässig zu Flohmärkten gehen. Darum die weite Reise in den 19. – Ja aber was ist das Problem mit den Grünen? – „Na es mit de Auslända! Bei uns wird dauernd überall ein’brochen!“

Durchatmen, nicht auf das Lehrer/Überich gehen und weiter einfach FRAGEN: „Jo I versteh Di des is G’schissn! Oba host a Idee warum de ei’brechn?“

Seine sofortige Schlussfolgerung: „Nau wahrscheinlich wäus nix zum Fressen ham!“ Ich gab ihm wieder recht und zeigte Verständnis. Schlußendlich dauerte das Gespräch gefühlt 10-15 Minuten und endete damit, dass er die Sonnenbrille nicht mehr vor den Augen sondern auf der Stirn trug und er sich mit Handschlag verabschiedete mit „Du bist goar net so deppat! Di dadat I wählen!“ – leider trat ich im 19. und nicht im 10. auf der Bezirkswahlliste an.

Zugegeben Heinz hatte in derselben Zeit sicher viel mehr süssen Traubenzucker von den Grünen unter die Leute gebracht. Ob ich meinen Gesprächspartner und seine Frau dazu gebracht habe Grün zu wählen bezweifle ich. Aber selbst das kleine Signal des artikulierten Konjunktivs: „Di dadat I wählen!“ war für mich mehr wert, als das anonyme Zuckerlverteilen, dass sicher auch keine Wahlentscheidung beeinflusste, aber auch sicher niemanden in der Seele erreicht und zum Nachdenken gebracht hat.

An die weiteren Gespräche an diesem Tag kann ich mich nicht erinnern. Bis auf dieses als mir eine ältere Frau entgegen warf, dass Maria Vassilakou für sie unwählbar sei: „Wäu die redt‘ allerweil so hysterisch!“. Ja, ich weiß was sie meint – aber das ist eine sehr verbreitete Stimmlage von Frauen am Balkan und der Türkei :-). Im Nachgang fiel mir dazu der Schnitt aus Milos Foremans „Amadeus“ Verfilmung ein: Mozarts Schwiegermutter schrie immer lauter werdend, um dann in die Zornesarie der Königin der Nacht überzugehen. Eventuell auch ein frühkindliches Trauma, dass da getriggert wird? Die Erinnerung, wenn uns unsere Mütter mit lauter werdender Stimme für irgendwas gescholten haben :-)? Was sagt Freud dazu?
Ein Schicksal der Soprane gegen die Altstimmen :-)!? – Gibt es sicher schon Studien darüber!

Aber weg von dem Sidestep zur „genagelten Familie mit Hund“
Meine Conclusio und Empfehlung: Mit den ANDEREN Reden! – Zuhören! Fragen! – Nicht bekehren und belehren! DANN kommen durchs Reden die Leut‘ wirklich z’samm!

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