Vorsicht Fixpreis!
… oder eine Plädoyer für John Ruskin!
Kaum ein Unternehmen in dessen Selbstdarstellung nicht irgendwo Formulierungen wie „Wir schreiben Qualität groß!“ und „Qualität hat Ihren Preis“ zu lesen sind. Jeder möchte für seine Leistung einen anständigen und angemessenen Preis erhalten. Manche zitieren auch John Ruskin in ihrer Firmenzeitung. Wenn dieselben Unternehmen ein neues ERP-System einkaufen (siehe Ausgabe 3/2006) verliert diese Maxime leider sehr oft Ihre Gültigkeit.
Zählen und messen von ERP-Projekten
Es ist verständlich, dass Unternehmen gerne ERP-Projekte so wie Fertigteilhäuser kaufen möchten. Angestachelt durch die Marketingabteilung der Hersteller welche die Illusion schüren, dass sich ERP-Systeme fast von allein Installieren. Dabei wird gerne vergessen, dass ERP-Projekte in Wahrheit einer Altbau-Total-Sanierung mit unbekannter Bausubstanz bei uneingeschränkter Bewohnbarkeit des Objektes entsprechen.
Bitte Fair bleiben – im eigenen Interesse!
Seriöse Anbieter tragen die Last des „zu teuer“. Erkennt der Interessent den Wert der gebotenen Leistung und der Anbieter kommt in die Schlussrunde, so drücken Mitbieter den Preis: „man würde ja gerne, aber ….“ – und John Ruskin? – „der gilt nur im Verkauf – nicht beim EinkaufenJ!“. Preis runter mit Zähneknirschen mit der Hoffnung auf langfristigen Geschäftserfolg. Alle Sicherheiten und Reserven sind draußen. Während der Lieferant noch überlegt, ob er nach 24 Monaten zäher Akquisition dem Kunden höflich aber bestimmt absagen soll, trifft ihn schon die nächste Keule: „Würden Sie das Projekt um diesen Preis auch pauschal erbringen? Mit Rücktrittsrecht und Terminpönale?“ – NEIN! – „Wieso nicht? Der Mitbewerber Billigmeier macht es doch auch?“
Rückgrat werte Kollegen ERP-Anbieter!
Hier möchte ich an meine Branchenkollegen appellieren: Lehnt solche Aufträge bitte ab! Wir tun unseren Kunden nichts Gutes, wenn am Ende des Geldes noch 50% Projekt zu erbringen sind. Der Misserfolg und die schlechte Nachred’ sind vorprogrammiert.
Warum kein Fixpreis-ERP?
Meine Empfehlung an Kunden: Egal wo Sie kaufen, nicht mit Fixpreis! Warum? Ein Fixpreis dreht das Projektziel um 180 Grad. Statt mit dem Benutzer das optimalen System zu erarbeiten sind die Berater dazu gezwungen zu jeder Anforderung zuerst „Ich muss prüfen ob es im Auftragsumfang enthalten ist.“ sagen zu müssen. Das schlägt unvermeidbar auf Stimmung und damit auf den Erfolg und den Nutzen des Systems! Am Ende gibt es immer einen Sieger und einen Verlierer.
Wir lösen den Fixpreis-Knoten!
Es gibt einen Projektbudgetrahmen, der nach der Grobanalyse festgelegt gelegt wird. Für jede größere Anforderung wird ein Arbeitsauftrag erstellt in dem Anforderung und Umsetzung spezifiziert werden. Bis zu einer bestimmten Grenze kann der Benutzer entscheiden ob das umgesetzt wird. Darüber macht es der Projektleiter oder wenn es ein arger Ausreißer ist wird dieser Punkt eskaliert. Der Projektleiter verfolgt auch alle Arbeitsaufträge und vergleicht laufend gegenüber dem Gesamtbudgetrahmen. Solange die Abweichungen in einem definierten Grenzen bleiben ist das Projekt im Plan. Am Weg entstehen Projektfreundschaften mit Bestand!
Nur zufriedene Benutzer sind mir zu wenig!
Ein ERP-Projekt ist dann ein Erfolg, wenn der erwartet Nutzen für das Unternehmen eintritt und die Benutzer begeistert sind von IHREM System. Dann werden sie auch permanent dabei bleiben und das ERP zu einem wesentlichen Betriebsmittel für das Unternehmenswachstum machen. Der „Nachteil“ für uns als Lieferant: Begeisterte Benutzer brauchen viel weniger externe Unterstützung im laufenden Betrieb, ist auch ein Vorteil: Sie erzählen es unaufgefordert Anderen und bringen uns dadurch neue Kunden. So geschehen letzten Sommer – aber das ist eine andere Geschichte!
John Ruskin?
… lebte 1819 – 1900. War Schriftsteller, Maler, Kunsthistoriker und Sozialphilosoph. Sein heute bekanntestes Zitat: „Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgendjemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn wir zu viel für etwas bezahlen, verlieren wir etwas Geld, das ist alles. Wenn wir hingegen zu wenig bezahlen, verlieren wir manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand, die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen wir das niedrigste Angebot an, müssen wir für das Risiko, das wir eingehen, also etwas hinzurechnen. Und wenn wir das tun, dann haben wir auch genug Geld um gleich etwas Besseres zu kaufen!“
Ich freue mich wieder auf Ihre Kommentare
Ihr Michael Schober!
Und auch nach dem „Seitenwechsel“ vom Anbieter zum Auswahl- und Implementierungsberater bleibe ich bei dieser Sicht! 🙂