eNTe gut alles gut!

In der letzten Ausgabe war eine eNTe versteckt …

Genaugenommen war es ja keine eNTe sondern ein ganz bewusst eingebauter Fehler. N.T. steht ja bekannt für „Non Testatum“, also einen ungeprüften Artikel. Dieser war aber geprüft und völlig bewusst als Fehler publiziert worden.

… haben Sie sie entdeckt?

Richtig – die Homecomputervision aus 1954 für das Jahr 2004 war eine Fotomontage inklusive einer guten Geschichte dazu! Es handelt sich dabei um die Montage eines Uboot-Steuerraumes im Smithsonian-Institute (http://www.snopes.com/inboxer/hoaxes/computer.asp) Haben Sie es zuerst geglaubt? Haben Sie gleich gezweifelt? Haben Sie erst danach gesucht als der Hinweis auf die Ente gegeben wurde? Ich gebe es zu: Auch ich bin ursprünglich darauf hereingefallen.

SIEHE DAS BILD OBEN AUF DIESER SEITE!

Die Wahrheit steht in der Zeitung, oder? So oder so ähnlich hieß es zumindest früher als die elektronischen Medien noch nicht gab: „Da steht es schwarz auf weiß!“. Das besonders faszinierende daran, dass jeder der je einen Artikel über sich selbst gelesen hat, über dessen Unrichtigkeit ungläubig den Kopf schüttelt – doch kaum umgeblättert, nimmt derselbe Mensch alle anderen Artikel wieder für bare Münze.

Aber wenigstens ist sie langzeitstabil!

Druckwerke wie Zeitungen mögen oft unrichtiges verbreiten, aber der Aufwand der früher hinter der Herstellung stand machte ein gewisses Mindestmaß an Recherche notwendig, wenn man sich nicht völlig der Lächerlichkeit preisgeben wollte. Die zunehmende Boulvardisierung stellt die sich gut verkaufende Story über alles. Aber was gedruckt wurde und im Archiv der Nationalbank lagert ändert sich nicht mehr. Ganz zum Unterschied zu den Inhalten des Internet.

War Orwell mit 1984 noch ein Optimist?

Das Ministerium der Wahrheit hat dort die Aufgabe die Geschichtsschreibung und somit auch die Archive laufend anzupassen. Mit dem Internet wurde jeder in die Lage versetzt nicht nur zu konsumieren, sondern auch zu publizieren. Millionen Menschen verbreiten ihre persönliche Wahrheit oder Unwahrheit ganz nach Belieben. Zu jeder „Wahrheit“ entsteht eine „Gegenwahrheit“. Die Onlineredaktionen von Zeitungen ermöglichen es jedem über Postings zu den jeweiligen Artikel nicht nur ihre Meinung von sich zu geben sondern macht sie zumeist ungefiltert für jeden lesbar – aber oftmals ist es eher ein unqualifiziertes anonymes auskotzen – den Stammtischgesprächen zur Sperrstunde ähnlich! Jeder Mensch mit Internetzugang kann Mitarbeiter des Ministeriums der Wahrheit werden. Es gibt kaum mehr die Möglichkeit zu überprüfen, wie die frühere „Wahrheit“ ausgesehen hat. Im Prinzip könnte jede Onlinezeitung ihre früheren Ausgaben jeweils der aktuellen Meinung anpassen.

Bei Zeitungen spricht der betriebswirtschaftliche Aufwand gegen das dauernde Umschreiben der Archive – für autoritären Regimen wäre das kein Hindernis. Doch die werden dank des Internet kontinuierlich weniger – zumindest derzeit.

Hat „das Internet“ immer recht?

Wikipedia ist das beste Beispiel dafür, dass ein Kollektiv zu hoher Wahrheit finden kann. In Studien wurde bereits belegt, dass nicht nur die Aktualität sondern auch die Qualität des Inhaltes von Wikipedia so manchem Lexikon überlegen ist. Aber wer garantiert, dass diese Studien nicht auch gefälscht sind? Wer sind die Redakteure von Wikileaks? Während Armin Wolf mit Sarkasmus den trivialen Inhalt der Depeschen der US-Botschaft in der ZiB2 kommentiert, könnten sich ein paar Menschen ganz fürchterlich darüber amüsieren, dass ihre erfundenen Geschichte gerade verkündet wird?

Alles glauben – oder gar nichts glauben?

Zufällig ist der Tag an dem ich diesen Artikel fertigstelle der 11. September – 10 Jahre 9/11. Verschwörungstheorien wie: „böse Geschäftemacher hätte das WTC gesprengt“, waren auch dort rasch zur Hand. Filme zu solchen Ideen werden dann auch noch in öffentlich-rechtlich Medien gesendet und verleihen ihnen damit mehr Gewicht als ihnen zusteht. Seit den Videomontagen in „Forrest Gump“, wo Tom Hanks u.a. Kennedy und Nixon die Hand schüttelte, bin ich auch mit Wahrheitsgehalt von bewegten Bildern noch vorsichtiger geworden. Gar nichts zu glauben ist sicher nicht die Lösung, außer man möchte sich als krankhaft paranoider Einsiedler wiederfinden. Unterschiedliche Sichten und Meinungen zu zulassen und zu konsumieren und nicht nur jene, die den eigenen Vorurteilen am besten entsprechen. Im zweiten Schritt versuchen diese so Objektiv wie möglich gegeneinander abzuwägen. Und sich dann für eine zu entscheiden – aber niemals aufhören zu hinterfragen!

Mit zweifelnden Grüßen

Michael Schober

PS: Weiterführende Literatur „Symptome einer Zeit des Aufbruchs“ von Marshall McLuhan. Kanadischer Medientheorethiker, der vor ca. 50 Jahren den Begriff des „global Village“ prägte.

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