Ist Gendern eine Nebelgranate?
Der Auslöser
vor ein paar Monaten wurde in einer WKO-Sitzung von Frau T(ürkis) beanstandet, dass der Entwurf des Berufsbildes nicht gegendert sei. Stille – „Danke für den Hinweis wird erledigt“ – Stille. Ein wenig später lehnte ich in der Pause mit Gabi (Grüne Wirtschaft wie ich) und Robert an einem Stehtisch. Sie und ich stehen massiv hinter der Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft. Vorsichtig formulierte ich etwas zu Verständlichkeit von Gendersprache. Sehr überraschend, aber wie viele Frauen in meinem Bekanntenkreis wurde Gabi richtig emotional: „Das geht mir so auf die Nerven auch weil es grammatikalisch oft falsch ist!“
Als Kolumnist liebe ich es – fast –😊 …
… aber auch nur manchmal! Wenn mir nichts einfällt, ist die Paarform ideal um die Seite zu füllen. „Leserinnen und Leser“ sind 15 Zusatzanschläge! Lachen rund um den Stehtisch und dann aus allen Ecken das Lamento über immer schwerer lesbare Texte. Sei es aufgrund der Überlänge, den Stolpersteinen des Lese- und Hörflusses wie den „..Innen“ und noch mühsamer mit dem zweckentfremdeten „:“. Die Spitze sind gegenderte juristische Texte – also auch Gesetze – die per se schon spröde genug sind. Vielleicht mit ein Grund für die zunehmende Dyslexie?
Der Auftrag für eine LobbyistIn 😊
Roberts Vermutung: Die böse, gewinnorientierte Wirtschaft wollte verhindern, dass weibliche Arbeitskräfte für dieselbe Arbeit gleich viel verdienen wie die Männlichen. Das geniale Konzept der Lobbyist:innen: Eine möglichst emotionale Scheindiskussion anzetteln: Man(n?) lässt engagierte Frauen ein entsprechendes Narrativ nach dem Motto „Facts tell, stories sell“ erfinden.
Sprache ist Unterdrückung
Frau bringe eine Opfererzählung in Umlauf: Das generische Maskulinum in der Sprache sei gar keines, sondern purer Ausdruck männlicher Dominanz und der Mann sei die Norm. Ändere man die Sprache, werde auch gerechte Bezahlung folgen.
Opfererzählungen funktionieren immer!
Wenn ich jetzt Vergleiche aus den letzten 100 Jahren, oder nur 12 Monaten hernehme, setze ich mich endgültig der Gefahr eines Shitstorms aus! Beispiele: „Arbeitsplatzraubende Asylwerber“, „von Bill Gates bei der Impfung gechipt“, “befreite Regionen“ und „seit 5 Uhr wird zurückgeschossen“. Das Perfide: Menschen die einmal der Opfererzählung auf den Leim gegangen sind, sind nur mit überproportionalem Aufwand wieder zur Realität zu bringen.
Diskussionen in Überzahl…
Seit ca. den 1970ern wird exponentiell zunehmend diskutiert, ob und wie zu gendern sei. Wer gendern muss und primär anderen vorgeworfen, dass skandalöser weise nicht gegendert wurde. Die Fetzen und Genderhackeln fliegen allerorts tief! Der Genderpaygap? Unverändert!
… statt gleicher Bezahlung!
Die Wirtschaft zerkugelt sich wahrscheinlich vor Gelächter über die Diskussionen und mit einem Gender-Hickser vorgetragene Nachrichten und stößt darauf an wieviel sie sich durch die Ungleichbezahlung erspart! – Ich wage zu behaupten: Kein gegenderter Satz hat das Gehalt auch nur einer Frau erhöht! Niemand traut sich Kritik anzubringen STILLE – Nur das Kind in „Des Kaisers neue Kleider“ ruft laut: „Achtung Nebelgranate!“
Geisterfahrer und Einbrecher
Nicht nur SprachpolizistInnen, auch ich bemerke es mittlerweile, wenn NICHT gegendert wird! Besonders wenn im Radio der Verkehrsfunk für eine „Geisterfahrermeldung“ unterbricht oder in den Nachrichten „unbekannte Einbrecher“ erwähnt werden 😊. Ohne eine Kriminal- oder Unfallstatistik zu konsultieren, sehr wahrscheinlich sind es nur wenige Frauen ABER nicht NULL! Ob sich Frau Luise F. Pusch an dieser „androzentrischen Diskriminierung“ genauso stößt wie bei den 99 Musikerinnen + 1 Mann? Steht in einem Genderhandbuch, dass negativ konnotierte generische Maskuline NICHT zu gendernd sind, weil DER Mann = DAS Böse!? – sieht so aus 😉!
Bitte mehr Gelassenheit …
Vor allem keine Vorschriften und Vorwürfe! Gelassenheit hat mit LASSEN zu tun. Lassen wir t jeden Menschen formulieren wie er will! Wer schreibt entscheidet implizit darüber wer seinen Text liest: Einer liest gegenderte Texte – die andere verweigert Ungegenderte. Lassen wir der Sprache wie hunderte Jahre davor einfach ihre Entwicklung! Nirgends Vorschriften oder eine Sprachpolizei wo wissenschaftliche Arbeiten abgelehnt werden, weil sie nicht gegendert sind!
… stattdessen mehr Geld und echte Gleichbehandlung!
Die eingesparte Denkenergie bitte sofort Maßnahmen für faire und gleiche Bezahlung und Behandlung investieren!
Quellen und Lesetipps
Gendern – Wikipedia
… und dort der Link auf:
Streit ums Gendern: Wie falsche Erzählungen die Karriere des Genderns beförderten (berliner-zeitung.de)
Michael Schober
TGM B78
PS: Dank Gabi werde ich, wenn es mir nach diesem Artikel künftig noch gestattet ist für die „ingen!eur*in“ zu schreiben, ab jetzt die flüssige Lesbarkeit hochhalten!