EDV eine Glaubensfrage? (1)

Teil 1

Open Source vs. kommerzielle Software

Innerhalb der EDV streiten schon seit Jahren – mehr oder weniger sachlich – die Lager der kommerziellen Software Anbieter mit oder besser gegen die der quelloffenen Programmentwickler (Open Source). Die in dieser Auseinandersetzung verwendeten Argumente gehen – wie in jeder Diskussion situationsabhängig – von unterschiedlichen Betrachtungswinkeln aus. Die gängigsten sind: Preisvorteile, Sicherheitsvorteile, Abhängigkeit, Stabilität aber auch gesellschaftliche Grundsatzfragen. Warum ich mich heute mit dem Thema befasse? Weil ich versuchen möchte den Kunden/Konsumenten, die sich damit verständlicherweise oft nur sehr oberflächlich beschäftigen die Hintergründe näher zu bringen. Vielleicht werden sie dann im nächsten Gespräch mit einem Lieferanten besser verstehen dessen Argumente einzuordnen. Aber eine Warnung bevor Sie weiter lesen: Ich gebe ganz bewusst KEINE Empfehlung für die eine oder andere Seite ab.

Woher kommt der Begriff und was ist die Idee dahinter?

Die Grundidee hinter Open Source klingt für manche kommunistisch, für andere romantisch. Wissen darf nicht von Wenigen für deren wirtschaftlichen Vorteil exklusiv genutzt werden, sondern muss der gesamten Menschheit zur Verfügung stehen. Eine Forderung, die wir in unserem Kulturkreis leicht nachvollziehen können, wenn Extremfälle wie die Patentierung des Erbgutes von Hausschweinen durch die Medien gehen. Die Vorstellung, dass vom Bauern Lizenzen verlangt werden könnten sobald seine Sau ein paar Ferkel wirft, findet jeder von uns grotesk. Extreme Entwicklungen denen begreiflicher Weise entgegengewirkt werden muss. Doch wo ist die Grenze? Der Gedanke fertig gedacht könnte lauten: Gar keine Patente! Alles Erforschte gehört automatisch allen. Da wären wohl einige von Ihnen geschätzte KollegInnen, die nach massiven Investitionen dann ein Patent bekommen haben und noch über Jahre hart daran arbeiten müssen das investierte Geld wieder zurück zu verdienen, wenig angetan!

Man kopiert mein Produkt – welche Ehre!

Ich glaube, dass in der traditionellen Wirtschaft die erforderlichen Investitionen in Maschinen und Material automatisch eine gewisse ausgleichende regulative Kraft erzeugen. Obwohl extrem geringe Lohnkosten gepaart mit einer Kultur: „Ich kopiere Dein Produkt – fühle Dich geehrt!“, auch in diesem Bereich schon zu Problemen führt. Ein namhafter Sondermaschinenbauer hat mir vor zwei Jahren erzählt wie ihm ein potentieller fernöstlicher Teilelieferant stolz erzählte, dass er die angefragten Teile schon produziert habe. Um seine Kompetenz zu untermauern unterbreitete der Chinese alte Kopien der Konstruktionszeichnungen seines staunenden Verhandlungspartners.

Bekannte Problemzonen: Software – Saatgut – Pharmazie

Verzeihung, wenn ich jetzt wieder „die Krise“ heranziehe! Aber sie ist der Anlass, dass darüber diskutiert wird, ob Banken überhaupt größer werden dürfen als die Volkswirtschaften die für sie haften – Beispiel Island. So wie die Banken gibt es auch dominierende Marktkonzentrationen in den oben genannten Problemzonen. Diese werden von vielen als gefährlich eingestuft. Global operierenden Konzerne, die nur mehr von Staatenvereinigungen wie der EU halbwegs kontrolliert werden können. Warum? Weil ihr Umsatz größer ist als das BIP einiger Länder zusammen. Mit genügend Geld kann genügend „Marketing“ an den richtigen Stellen gemacht werden um ganze Staaten zu steuern – Stichwort „Schweinegrippe“. Oder Bauern, die aus der Saatgutfalle nicht mehr herauskommen und EDV-Benutzer die nur mehr eine sehr geringe Auswahl an Softwareanbietern haben. HALT!

Doch wie immer ist zu differenzieren! Oder?

Fast wäre der letzte Absatz tendenziell geworden… nach einer Nachdenkpause sind wir wahrscheinlich bei denselben Mechanismen angelangt, die auch „die Krise“ verursacht hat: Die Gier und das Verlangen nach grenzenlosem und immerwährendem Wachstum. Aber wer locker „die Pharmakonzerne“ verteufelt, sollte sich ein paar 100 Jahre zurückversetzen – wahrscheinlich wären die meisten von uns gar nicht mehr am Leben ohne ihre Produkte. Aus den damaligen Apothekern wuchsen Konzerne die glauben nur überleben zu können, indem sie permanent wachsen und Wissen so lange wie möglich alleine nutzen. Was die Marktdominanz im Softwarebereich betrifft, sei der Gedanke gestattet, dass wohl Hardware und Software noch immer für Endverbraucher unerschwinglich sein würden, wenn nicht ein Teenager in Redmond ende der 1970er erkannt hätte, dass die Standardisierung der Betriebsplattform Programmentwickler anziehen wird und die größere Menge zur Preissenkung führt.

Womit ich beim eigentlichen Thema angelangt bin, allerdings muss ich Sie aus Platzgründen für die Betrachtung von OpenSource vs. kommerzieller Software auf die leider auf die nächste Ausgabe dieser Zeitschrift vertrösten. Psssst – ich habe von den Konzernen gelernt: Nie alles auf einmal hergeben immer was für die nächste Ausgabe aufheben!

Mit offene Grüßen

Michael Schober

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